Der Fachkräftemangel kostet Deutschland über 80 Milliarden Euro im Jahr
Fehlende Arbeitskräfte haben nicht nur für Unternehmen negative Auswirkungen. Auch Deutschland kostet der Fachkräftemangel nach Berechnungen der Unternehmensberatung BCG über 86 Milliarden Euro im Jahr.
Und das trotz der gestiegenen Einwanderung von EU-Bürgern nach Deutschland, insbesondere von ausländischen Studierenden. Umso wichtiger wird es für Deutschland nun, Fachkräfte und besonders ausländische Studierende aus Drittstaaten anzuwerben, um den Arbeitskräftemangel bekämpfen zu können.
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Eine Analyse von Janina Riebesell <hr class="blog_horizontal-ruler"/>
Fehlende Fachkräfte kosten Deutschland einiges an Wirtschaftsleistung
Die Studie bezüglich der wirtschaftlichen Auswirkungen des Fachkräftemangels auf Deutschland wurde von Johann Harnoss und Janina Kugel in Kooperation mit der Internationalen Organisation für Migration der Vereinten Nationen erarbeitet. Als Grundlage dienten die Zahlen des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, das für das zweite Quartal 1,9 Millionen offene Stellen gemeldet hatte.
„Das ist etwa eine Million über dem langfristigen Durchschnitt", sagte Harnoss gegenüber der dpa. „Das sehen sowohl Ökonomen als auch wir als strukturellen Mangel." Die Studienautoren gehen davon aus, dass jeder dieser fehlenden Arbeitnehmer:innen etwa 84.000 Dollar (ungefähr 87.000 Euro) jährlich an Wirtschaftsleistung erbringen würde.
Damit betragen die Einbußen der deutschen Wirtschaft auf 84 Milliarden Dollar (über 86 Milliarden Euro) im Jahr.
Nach Einschätzung der Studienautoren verliert Deutschland durch den Fachkräftemangel damit im Vergleich zu den wirtschaftsstärksten Nationen der Welt die meiste Wirtschaftsleistung nach den USA.
„Die Kosten von 84 Milliarden werden noch größer, wenn wir nicht dagegen steuern", sagte Kugel. „Die USA haben zwar die meisten offenen Stellen, sind aber auch am besten positioniert, die Lücke wieder zu schließen."
Der Rückstand wächst
Auch bei einer angenommenen Zuwanderung von 300.000 bis 400.000 Menschen pro Jahr wird die Zahl der arbeitsfähigen Personen in Deutschland bis 2035 um drei Millionen zurückgehen, schätzen die Studienautoren. Bis 2050 wird sie sogar um neun Millionen sinken.
In den USA gehen Kugel und Harnoss 2050 bei ebenso vielen Einwanderern von einer Lücke von 19 Millionen fehlenden Arbeitnehmer:innen aus.
Harnoss schlägt vor, das Anwerben von ausländischen Arbeitskräften gezielt zur Bekämpfung des Fachkräftemangels in Deutschland zu nutzen. Dabei sollen vor allem in solchen Ländern Personen angeworben werden, in denen die Bevölkerung noch wächst.
„Eine Möglichkeit wäre, die Leute dort in ihren Heimatländern auszubilden, bevor sie nach Deutschland kommen. Das hätte Vorteile für die Einwanderer, für die Herkunftsländer und für die Zielländer." Als Beispiele nannte er Indien, Nigeria, Indonesien oder Ägypten.
Die Einwanderung von Fachkräften hat für Deutschland noch weitere Vorteile – auch auf die Bezahlbarkeit des Renten- und Gesundheitssystems, denn: „Falls wir einen noch größeren Fachkräftemangel bekommen, werden wir politische Diskussionen in noch ganz anderen Tönen bekommen,” meint Kugel.
Und auch bei der Sorge um einen vermehrten Zulauf von Extremist:innen verweist Kugel auf Städte wie München, in denen eine hohe Einwanderung mit vergleichsweise geringem Zulauf zu Extremist:innen einhergeht: „Dort, wo Einwanderung in großem Maßstab stattfindet, ist auch die Akzeptanz deutlich höher.”
Mehr Studierende aus dem Ausland können die Lösung darstellen
Deutschland ist für ausländische Studierende das wichtigste, nicht englischsprachige Zielland. Und genau diese ausländischen Studierenden können einen bedeutenden Beitrag dazu leisten, den deutschen Fachkräftemangel zu bekämpfen.
Denn der Anteil der akademischen Fachkräfte, die nach dem Abschluss ihres Studiums in Deutschland bleiben, ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Die Industrieländerorganisation OECD weist in ihrem neuen Migrationsausblick zudem darauf hin, dass Personen, die bereits hier studiert haben, sich besser in den deutschen Arbeitsmarkt integrieren können als andere zugewanderte Arbeitskräfte.
Damit ist das Anwerben von internationalen Studierenden ein vom Bundesbildungsministerium gefördertes Schwerpunktthema. Thomas Liebig, der leitende Ökonom in der Abteilung für Internationale Migration der OECD, sieht dennoch Nachholbedarf: „Deutschland könnte das Potenzial ausländischer Studierender noch besser nutzen.”
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger von der FDP erklärte, dass Deutschland aufgrund der „hervorragenden Studienbedingungen und den im internationalen Vergleich guten Möglichkeiten, nach dem Studium als Fachkraft in Deutschland zu bleiben“, für ausländische Studierende besonders attraktiv sei.
Doch es wäre noch mehr möglich: „Dieses enorme Fachkräftepotenzial sollten wir künftig noch besser ausschöpfen“, sagte sie dem Handelsblatt. Daher sei es wichtig, „die Bedingungen für die Visaerteilung, Einreise und den Aufenthalt für internationale Studierende und Forschende weiter zu verbessern.“
Die Studienautoren appellieren auch an den deutschen Mittelstand, vermehrt internationale Arbeitskräfte zu rekrutieren – und das nicht nur, um ausscheidende deutsche Arbeitskräfte zu ersetzen. „Je diverser Unternehmen sind, desto innovativer sind sie auch“, sagt Kugel in Bezug auf US-Techkonzerne, die vergleichsweise sehr viele Zugewanderte beschäftigen.
Ausländische Fachkräfte werden damit momentan als die Hoffnung einer alternden Gesellschaft und als mögliche Lösung des Fachkräftemangels in Deutschland gesehen.
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Unsere Quellen
<ul><li>Das Handelsblatt: <a href="https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/oecd-migrationsausblick-deutschland-ist-wichtigstes-nicht-englischsprachiges-zielland-fuer-auslaendische-studierende/28731358.html" target="_blank">www.handelsblatt.com/politik/deutschland/oecd-migrationsausblick-deutschland-ist-wichtigstes-nicht-englischsprachiges-zielland-fuer-auslaendische-studierende</a></li><li>Die Industrieländerorganisation OECD <a href="https://www.oecd.org/migration/international-migration-outlook-1999124x.htm" target="_blank">www.oecd.org/migration/international-migration-outlook</a></li></ul>