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Arbeitsrecht

Fachkräfteeinwanderungsgesetz 2020: Änderungen für Arbeitgeber:innen

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Aktualisiert am 
9.4.2024
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Lea Pietsch
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Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll Unternehmen unterstützen, ihren Bedarf an Fachkräften zu decken. Wie das funktionieren soll, was sich konkret verändert und was das für Arbeitgeber:innen bedeutet, erfährst du hier.

Was ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz?

Seit dem 01. März 2020 ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft und soll es Arbeitnehmer:innen aus sogenannten Drittstaaten leichter machen, nach Deutschland zu kommen und hier zu arbeiten oder einen Berufsabschluss zu erwerben. Die meisten Änderungen betreffen daher die Voraussetzungen, um eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Gleichzeitig gestaltet sich auch die Einstellung und Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmer:innen für Arbeitgeber:innen einfacher.

<div class="blog_primary-box"><p>Drittstaaten sind alle Länder <strong>außerhalb</strong> der Europäischen Union (EU) und des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) sowie der Schweiz, da diese EWR-Angehörigen gleichgestellt ist.</p></div>

Ziel des Gesetzes ist es, dem Fachkräftemangel zu begegnen und die Zuwanderung von ausländischen Hochschulabsolventen und -absolventinnen sowie Personen mit qualifizierter Berufsausbildung gezielt zu steigern. Dazu werden einige bürokratische Hürden gelockert oder ganz aus dem Weg geschafft.

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz als Ergänzung

Natürlich konntest du auch schon vorher jemanden aus einem Drittstaat einstellen. Das neue Gesetz ist mehr eine Ergänzung zur aktuellen Regelung (mehr dazu findest du in Einstellung und Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer:innen heraus).

2020 kamen noch weitere Neuerungen im Arbeitsrecht. Hier bekommst du einen Überblick über die wichtigsten Änderungen.

Wer gilt als Fachkraft?

Im Rahmen des neuen Gesetzes wird der Begriff Fachkraft vereinheitlicht:

Gemeint sind damit Menschen aus Drittstaaten, die

<ul><li>in Deutschland eine Berufsausbildung absolviert haben oder eine ausländische Berufsausbildung abgeschlossen haben, die mit einer qualifizierten deutschen Ausbildung gleichwertig ist.</li><li>in Deutschland ihren Hochschulabschluss erworben haben oder einen anerkannten ausländischen Hochschulabschluss haben, der in Deutschland anerkannt oder mit einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbar ist.</li></ul>

Damit stellt die Anerkennung des Abschlusses in Deutschland nach wie vor eine zentrale Hürde dar – gleichzeitig ermöglicht das Fachkräfteeinwanderungsgesetz dadurch nicht den Zuzug von nicht oder niedriger qualifizierten Personen.

<div class="blog_primary-box"><p>Eine Ausnahme besteht für <strong>IT-Fachkräfte</strong>, allerdings auch nur unter bestimmten Voraussetzungen: Sie müssen mindestens drei Jahre Berufserfahrung mitbringen und ein Monatsgehalt von mindestens 4.020 Euro vorweisen können. Die Einkommensgrenze wird jährlich angepasst. Zusätzlich überprüft die Agentur für Arbeit die Kenntnisse und bestimmt gegebenenfalls weitere Qualifizierungsmaßnahmen.</p></div>

Was verändert sich durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz?

Die Einstellung von Fachkräften aus Drittstaaten war grundsätzlich schon vorher möglich. Im Rahmen des neuen Gesetzes werden nun einige bürokratische Hürden gelockert oder gänzlich entfernt. Dabei handelt es sich vor allem um die Vorrangprüfung und die Begrenzung auf Mangelberufe. So soll der gesamte Prozess einfacher, schneller und transparenter werden.

Das ändert sich konkret:

1) Vorrangprüfung entfällt

Die Vorrangprüfung entfällt im Zuge des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes. Voraussetzungen dafür sind, dass die Fachkraft über einen anerkannten qualifizierten Abschluss verfügt und einen Arbeitsvertrag in Deutschland hat.

<div class="blog_primary-box"><p>Dies geschieht zunächst unter <strong>Vorbehalt</strong>. Verändert sich der Arbeitsmarkt, kann die Vorrangprüfung jederzeit wieder eingeführt werden, gegebenenfalls auch nur auf einzelne Branchen/Berufe beschränkt.</p></div>

Wollten Unternehmen Personen aus Drittstaaten einstellen, führte die Agentur für Arbeit bislang eine sogenannte Vorrangprüfung durch. Dabei wurde geprüft, ob die Stelle durch Arbeitnehmer:innen besetzt werden kann, die Vorrang haben. Das wären beispielsweise deutsche Arbeitnehmer:innen, Angehörige von Staaten, die unter das Recht der Freizügigkeit fallen und Angehörige von Drittstaaten, die bereits Zugang zum Arbeitsmarkt haben.

2) Beschränkung auf Mangelberufe für Personen mit beruflicher Ausbildung entfällt

Bislang durften Fachkräfte mit Berufsausbildung meist nur in sogenannten Mangelberufen arbeiten – also in Berufen, die besonders vom Fachkräftemangel betroffen sind. Diese Beschränkung wird ebenfalls mit dem neuen Gesetz kommendes Jahr aufgehoben. Dadurch ist der Arbeitsmarkt für Personen mit anerkannter Berufsausbildung vollständig geöffnet, genauso wie bereits für Akademiker.

Das bedeutet, dass Fachkräfte jeden Job annehmen können, sofern ihre Ausbildung sie dazu befähigt – unabhängig davon, ob in dem Bereich Fachkräftemangel herrscht oder nicht. Diese Regelung ermöglicht auch, dass Personen mit akademischen Abschluss einen Beruf ausüben können, der keinen Hochschulabschluss erfordert.

<div class="blog_primary-box"><p>Ausnahme bleibt die Blaue Karte EU. Um sie zu beantragen, wird grundsätzlich ein Job vorausgesetzt, der <strong>der beruflichen Qualifikation entspricht</strong> – in der Regel ein akademischer Abschluss. Hier gibts mehr Infos zur <a href="https://hire.workwise.io/hr-praxis/arbeitsrecht/beschaeftigung-auslaendischer-arbeitnehmer#blauekarte" target="_blank">Blauen Karte EU</a>.</p></div>

3) Einreise zur Jobsuche für Fachkräfte mit qualifizierter Berufsausbildung

Fachkräfte mit qualifizierter Berufsausbildung können für einen befristeten Zeitraum von bis zu 6 Monaten eine Aufenthaltserlaubnis beantragen, um nach Deutschland zu reisen und vor Ort auf Jobsuche zu gehen. Dies war bisher nur Fachkräften mit Hochschulabschluss vorbehalten.

Voraussetzungen sind, dass die Berufsqualifikation anerkannt wurde, notwendige Deutschkenntnisse (mindestens Niveau B1) vorhanden sind und der Lebensunterhalt selbständig bestritten werden kann.

In diesem Zeitraum können Jobsuchende bis zu zehn Wochenstunden auf Probe arbeiten oder ein Praktikum absolvieren. Eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung darf jedoch nicht ohne Zustimmung der Agentur für Arbeit aufgenommen werden.

4) Verbesserte Möglichkeiten zum Aufenthalt für Qualifizierungsmaßnahmen

Viele Anerkennungsverfahren konnten bislang nur aus dem Ausland heraus angestoßen und durchgeführt werden. Das neue Gesetz eröffnet nun mehr Möglichkeiten, damit sich Fachkräfte für weitere Qualifizierungsmaßnahmen in Deutschland aufhalten können. Im Rahmen von Vermittlungsabsprachen der Bundesagentur für Arbeit können Anerkennungsverfahren vollständig im Inland durchgeführt werden.

Gleichzeitig soll die dahinterstehende Verwaltung verbessert werden, vor allem das Visumverfahren und die Anerkennung ausländischer Abschlüsse. Außerdem werden gezielte Werbemaßnahmen vorgenommen und der Spracherwerb von Deutsch hierzulande sowie im Ausland stärker gefördert.

5) Schnellere Niederlassungserlaubnis

Fachkräfte, die einen deutschen Abschluss (Hochschule oder Berufsausbildung) haben, können bereits nach 2 Jahren Beschäftigung eine unbefristete Niederlassungserlaubnis bekommen. Fachkräfte mit einem anerkannten ausländischen Abschluss nach 4 Jahren Beschäftigung. Per § 9 Aufenthaltsgesetz ist dies regulär erst nach 5 Jahren möglich.

Was bedeutet das für Arbeitgeber:innen?

Durch den einheitlichen Fachkräfte-Begriff werden Personen mit Hochschulabschluss und Personen mit Berufsausbildung gleichgestellt. Das kommt vor allem dem Handwerk zugute sowie Betrieben, in denen Ausbildungsberufe vorherrschen. Grundsätzlich vergrößert sich dadurch aber der Bewerberpool für alle Unternehmen.

Außerdem profitieren Unternehmen zukünftig – wie Arbeitnehmer:innen auch – von dem vereinfachten Verfahren. Fachkräfte aus dem Ausland können somit einfach eingestellt werden und sind schneller einsatzbereit. Hier kannst du als Unternehmen auch selbst aktiv werden und ein beschleunigtes Verfahren anstoßen:

<ol><li>Mit der Ausländerbehörde wird eine Vereinbarung geschlossen, die unter anderem Bevollmächtigungen und Verpflichtungen des Unternehmens, der Fachkraft und der beteiligten Behörden (Ausländerbehörde, Agentur für Arbeit, Anerkennungsstellen, Auslandsvertretung) beinhaltet.</li><li>Du wirst durch die Ausländerbehörde beraten und während des Anerkennungsverfahrens unterstützt. Dabei holt die Ausländerbehörde die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit ein und prüft die Voraussetzungen.</li><li>Sind alle Voraussetzungen erfüllt, erteilt die Ausländerbehörde eine <strong>Vorabzustimmung</strong>. Diese leitest du einfach der Fachkraft weiter, die wiederum bei der Auslandsvertretung ein Visum beantragen kann. Dafür sind das Original der Vorabzustimmung und weitere Unterlagen nötig.</li><li>Nachdem das Visum beantragt wurde, heißt es erstmal: abwarten. In der Regel wird innerhalb von drei Wochen über den Antrag entschieden.</li><li>Wenn gewünscht, kann bei dem beschleunigten Fachkräfteverfahren gleichzeitig der Nachzug für Ehepartner und Kinder beantragt werden, wenn sie die gesetzlichen Voraussetzungen für den Familiennachzug erfüllen.</li><li>Allerdings kostet das beschleunigte Fachkräfteverfahren etwas: Die Gebühren für die Ausländerbehörde betragen 411 Euro. Die Visumgebühr beträgt etwa 75 Euro. Hinzu kommen noch Gebühren für die Anerkennung der Berufsqualifikation.</li></ol>

Wenn alles geklärt ist, steht dem Umzug nach Deutschland nichts mehr im Weg. Hier findest du Tipps, wie du bei dem Relocation-Prozess unterstützen kannst.

Es gibt allerdings auch ein paar neue Stolpersteine. Sollte das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet werden, muss das Unternehmen dies innerhalb von vier Wochen nachdem es bekannt wurde an die zuständige Ausländerbehörde gemeldet werden (§ 4a Abs. 5 S. 3 Nr. 3 AufenthG).

Kritik am Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Einer der wesentlichen Kritikpunkte an dem Gesetz ist, dass es Expert:innen zufolge nicht ausreicht, um dem Fachkräftemangel entgegenzusteuern. Die Bundesregierung geht davon aus, dass jährlich 25.000 Arbeitnehmer:innen durch das neue Gesetz nach Deutschland kommen, um hier zu arbeiten. Gleichzeitig wird davon ausgegangen, dass bedingt durch demografische Veränderungen jährlich 300.000 Arbeitnehmer:innen nach Deutschland kommen müssen.

Hinzu kommt, dass sich Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin mit mehr Bürokratie konfrontiert sehen, da zusätzliche Informationspflichten eingeführt werden. Wird das Arbeitsverhältnis beispielsweise früher beendet, müssen Arbeitgeber:innen dies an die jeweils zuständige Ausländerbehörde melden – obwohl dies automatisch schon durch die Sozialversicherung gemacht wird. Dies muss innerhalb einer vierwöchigen Frist geschehen, nachdem bekannt wurde, dass das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet wird.

Du willst Fachkräfte aus dem Ausland einstellen und damit das fachliche Knowhow in deinem Team stärken? Was du bei der Einstellung und Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer:innen beachten musst, erfährst du hier:

<a class="blog_button-primary" href="https://hire.workwise.io/hr-praxis/arbeitsrecht/beschaeftigung-auslaendischer-arbeitnehmer">Einstellung und Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer:innen</a>

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