Mitarbeiter freistellen – Die wichtigsten Infos im Überblick
Bei einer Freistellung von Mitarbeiter:innen - auch Suspendierung genannt - gibt es einige Regeln, die beachtet werden müssen. Diese sind abhängig von den Gründen und Umständen der Freistellung. Dürfen Beschäftigte beispielsweise aufgrund der Auswirkungen von Corona freigestellt werden? Antworten auf diese und weitere Fragen findest du hier.
Definition von Freistellung
Eine Freistellung entbindet Arbeitnehmer:innen zeitweise oder dauerhaft von ihrer Arbeitsleistungspflicht. Seitens des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin ist somit die Arbeitspflicht aufgehoben und der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin erklärt ausdrücklich, dass er die Arbeitsleistung nicht in Anspruch nehmen will. Mit anderen Worten: Freigestellte Mitarbeiter:innen müssen weder Arbeit leisten noch am Arbeitsplatz erscheinen.
Im Grunde lässt sich eine Freistellung in folgenden Punkten unterscheiden:
- widerruflich oder unwiderruflich
- bezahlt oder unbezahlt
- einseitig oder einvernehmlich
Gründe für eine Freistellung
Die Motive für eine Suspendierung können vielfältig sein. Da die Gründe auch immer mit der Form der Freistellung zusammenhängen, gibt die folgende Liste nur einen groben Überblick. Im Abschnitt Formen der Freistellung findest du eine genauere Erklärung.
Beispielhafte Gründe für eine Freistellung:
- Wunsch des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin: Urlaubsanspruch oder Zeit zur Stellensuche
- Wunsch des Arbeitgebers: Verdächtigung eines Arbeitnehmers/einer Arbeitnehmerin einer Straftat
- Pflege von Angehörigen: Arbeitnehmer:in muss nahen Angehörigen oder Kinder pflegen
- Elternzeit: Arbeitnehmer:in möchte wegen Kinderbetreuung zu Hause bleiben
- Weiterbildungsmaßnahme: Fortbildungen können nicht neben der Arbeit erledigt werden
Formen der Freistellung
Diese verschiedenen Arten von Freistellungen gibt es:
Widerrufliche Freistellung
Bei einer widerruflichen Freistellung kann der oder die Beschäftigte theoretisch dazu aufgefordert werden, die Arbeit wie gewohnt aufzunehmen. Arbeitnehmer:innen sind dann verpflichtet, an den Arbeitsplatz zurückzukehren. Üblicherweise ist eine Freistellung jederzeit widerruflich, wenn der Arbeitgeber einem oder einer Beschäftigten erklärt, dass er oder sie freigestellt ist. Beispiele für diese Form sind Urlaube oder die Suspendierung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist.
Unwiderrufliche Freistellung
Hier ist der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin nicht mehr für das Unternehmen tätig, auch wenn das Arbeitsverhältnis rechtlich noch fortbesteht. Somit verzichtet der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin auf das Recht, die oder den Angestellten weiter beschäftigen zu können.
Bezahlte Freistellung
Arbeitnehmer:innen haben generell keinen Anspruch auf eine bezahlte Freistellung (=Vergütungsanspruch besteht fort).
Es gibt jedoch gesetzliche Ansprüche auf bezahlte Freistellungen, wie zum Beispiel:
- Schwangerschaft und Elternzeit
- Kinderbetreuung
- Pflege von Angehörigen
- Stellensuche
- Arzttermine oder Termine bei der Arbeitsagentur
- Medizinische Vorsorge und Rehabilitation
- Erholungsurlaub
Unbezahlte Freistellung
Eine Freistellung ohne Vergütung darf nicht vom Arbeitgeber oder Arbeitgeberin angeordnet werden. Selbst wenn sich das Unternehmen in einer wirtschaftlichen Schieflage befindet, berechtigt dies nicht zur Suspendierung.
Wenn ein oder eine Beschäftigte aber nachweislich eine Straftat - beispielsweise Betrug oder Unterschlagung - begangen hat und der entstandene Schaden auf den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin umgelegt werden kann, können die Schadenersatzansprüche gegen die Gehaltsansprüche aufgerechnet werden. Obwohl das nicht genau in den Bereich der Freistellung fällt, entspricht dies jedoch wirtschaftlich der unbezahlten Freistellung.
Ein Sonderfall stellt der organisierte Streik dar: Beschäftigte bekommen bei der Beteiligung an einem gewerkschaftlichen Streik direkt Streikgeld von der Gewerkschaft.
In diesen Fällen müssen Arbeitnehmer:innen unbezahlt freigestellt werden:
- Notsituation: In der Familie des Beschäftigten ist plötzlich ein Familienmitglied erkrankt.
- Vertragliche Regelung: Im Tarifvertrag, Arbeitsvertrag oder der Betriebsvereinbarung ist eine unbezahlte Freistellung geregelt, welche aber dennoch die Genehmigung durch den Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin bedarf.
- Unbezahlter Urlaub bei anderen Mitarbeitern: Wenn einem Kollegen bereits schon mal unbezahlten Urlaub genehmigt wurde, dann haben auch andere Arbeitnehmer ein Recht darauf.
Einseitige Freistellung
Personal entgegen Einverständnis freizustellen ist nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Es muss klar ersichtlich sein, dass das Interesse an einer Suspendierung das Interesse an einer vertragsgemäßen Beschäftigung der Arbeitnehmer:innen überwiegt.
Beispiele für eine einseitige Freistellung:
- Kündigung: Diese kann sowohl einvernehmlich als auch einseitig erfolgen. In der Praxis ist letzteres häufiger. Mitarbeiter:innen verlieren den Anspruch auf Beschäftigung und auf jede weitere Tätigkeit im Unternehmen.
- Keine Einsatzmöglichkeit: Dem Unternehmen mangelt es an Aufträgen oder es gibt technische Betriebsstörungen.
- Gestörtes Vertrauensverhältnis: Ein oder eine Angestellte:r wird dringend verdächtigt strafbare Handlungen begangen zu haben.
- Krankheit: Der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin befürchtet, dass der oder die Beschäftiggte arbeitsunfähig krank ist oder eine ansteckende Krankheit hat, die Dritte gefährdet.
Einvernehmliche Freistellung
Im Grunde ist eine Einigung von Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:in über eine Freistellung immer möglich. Jedoch muss eine einvernehmliche Freistellung im Hinblick auf eine konkret bevorstehende Freistellungsphase erklärt werden, also für eine absehbare Restlaufzeit des Arbeitsverhältnisses. Die Vereinbarung darüber muss in einem Aufhebungsvertrag, einem Abwicklungsvertrag oder in einem Prozessvergleich im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses erfolgen.
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Auswirkungen und Folgen einer Freistellung
Die wesentlichen rechtlichen Auswirkungen betreffen die Sozialversicherung und den Urlaub.
Sozialversicherung
Die Beschäftigungslosigkeit des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin beginnt zeitgleich mit der unwiderruflichen Freistellung. Demnach können ab dem Zeit der Freistellung Vermittlungsangebote der Bundesagentur für Arbeit in Anspruch genommen werden.
Berücksichtigt werden sollte jedoch, dass die unwiderrufliche, aber bezahlte Freistellung nicht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gleichzusetzen ist. Demnach bleibt die Beitragspflicht für Sozialversicherungen bis zum Ende der Kündigungsfrist bestehen.
Im Gegenzug dazu hat die unbezahlte Freistellung Konsequenzen für die Sozialversicherung. Da der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin keinen Lohn oder Gehalt mehr zahlen muss, verfällt auch die Pflicht zur Beitragszahlung nach höchstens einem zusätzlichen Monat. Wenn die Frist überschritten ist, muss der Arbeitnehmer von der Sozialversicherung abgemeldet werden.
Urlaub
Der Urlaubsanspruch bei Freistellung hängt davon ab, ob es sich um eine widerrufliche oder unwiderrufliche Freistellung handelt. Nur wenn der Urlaub nicht genommen werden kann, findet eine Auszahlung von Resturlaubstagen statt. Es ist daher auch im Sinne der Arbeitgeber:innen, Urlaub gegen Ende des Arbeitsverhältnisses zu gewähren.
Urlaubsansprüche können nicht verrechnet werden bei einer widerruflichen Freistellung. Das liegt daran, dass der Urlaub primär zur Erholung dient, was nicht der Fall ist wenn Arbeitgeber:innen jederzeit die Wiederaufnahme der Arbeit einfordern könnten.
Aus diesem Grund wird der oder die Angestellte zuerst aufgefordert, seinen Urlaub zu nehmen, bevor der oder die Arbeitgeber:in eine Freistellung anordnet. Entsprechende Ausnahmen müssen im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder der Betriebsvereinbarung geregelt sein.
Nebentätigkeiten
Ob es Arbeitnehmer:innen erlaubt ist, andere Tätigkeiten während der Freistellung auszuüben, hängt vom Arbeitsvertrag ab. Wenn im Arbeitsvertrag nicht vereinbart wurde, dass Nebentätigkeiten dem Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin gemeldet und genehmigt werden müssen und die neue Tätigkeit keine Konkurrenztätigkeit darstellt, ist die Aufnahme der anderen Tätigkeit erlaubt. Wenn es aber eine Klausel gibt, dass Nebentätigkeiten angezeigt und vorher genehmigt werden müssen, ist der Sachverhalt ein anderer. Dieses Informationsinteresse wird nicht automatisch hinfällig mit einer Freistellung. Daher sollte dieser Fall eindeutig in der Freistellungsvereinbarung geregelt werden.
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