Timing von Stellenanzeigen: Tipps von Talent Acquisition Manager Artur
„Recruiting funktioniert überall anders, aber könnte auch überall noch besser funktionieren.” Das hat Artur Reich in seiner Zeit als Headhunter festgestellt. In dieser Rolle hatte er die Gelegenheit, Einblick in viele verschiedene Unternehmen im Lifescience-Bereich zu gewinnen.
Heute ist er Global Talent Acquisition Manager bei dem Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim und setzt genau an diesem Punkt an: Wie kann das Recruiting und Employer Branding in Zukunft noch besser werden?
Artur ist der Meinung, dass es sich nicht lohnt, kurz vor dem Jahresende noch Stellenanzeigen zu veröffentlichen. Wir haben uns die Daten zum Verhalten der Bewerber:innen auf der Workwise-Plattform angesehen und kommen zu einem anderen Schluss.
Deswegen haben wir Artur eingeladen, sich mit uns über das richtige Timing von Stellenanzeigen auszutauschen.
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Ein Interview von Lisa Schlegel <hr class="blog_horizontal-ruler"/>
Unsere Daten zeigen, dass das richtige Timing einen großen Einfluss auf die Resonanz einer Stellenanzeige haben kann. Erlebst du das auch?
Ich glaube, dass es sich selten lohnt, im Dezember noch neue Stellenanzeigen zu veröffentlichen. Das liegt gar nicht mal daran, dass sich dann niemand mehr bewirbt – ein paar Kandidat:innen sind sicherlich aktiv auf der Suche – sondern daran, dass es im Unternehmen dann niemanden gibt, der sich darum kümmern kann.
Selbst wenn der weitere Bearbeitungsprozess relativ schnell geht, entsteht über die Feiertage schnell eine Lücke, die die Wartezeit für die Bewerbenden unnötig verlängert.
Meiner persönlichen Erfahrung nach, kommen im Dezember aber auch einfach nicht wirklich viele Bewerbungen an, die Leute sind da mit etwas anderem beschäftigt. Das ist eine Phase, in der man sich ausruht, zu sich findet und mit der Familie beschäftigt ist.
Erst im Januar komme ich der Arbeit dann wieder näher und fange an, mir ernsthaft Gedanken zu machen: Habe ich da eigentlich noch Lust drauf oder möchte ich mich beruflich verändern?
Finde heraus, wie sich die Aktivität der Bewerbenden auf der Workwise-Plattform im Januar entwickelt.
Dieser Prozess der Veränderung wird vielleicht schon in der Weihnachtszeit und zwischen den Jahren angestoßen, aber erst im Januar kommen die Menschen wirklich ins Tun.
Daher glaube ich: Im Dezember sollten keine neuen Stellenanzeigen gepostet werden. Denn die Bewerber:innen sind noch nicht so weit und in den Firmen selbst ist die Kapazität nicht da, einen möglichst schnellen Bewerbungsprozess und somit eine gute Candidate Experience zu gewährleisten.
Aber wenn ich die neuen Stellen erst im Januar angehe, verpasse ich doch die Bewerber:innen, die sich gleich zu Jahresbeginn umorientieren wollen, oder?
Es besteht ja ein Unterschied dazwischen, ob eine Stelle online ist oder alle Vorbereitungen getroffen wurden.
„Wenn die Frage ist, ob ich empfehlen würde, im Dezember schon die Stellenanzeigen für den Januar vorzubereiten, lautet die Antwort definitiv ja.”
– Artur Reich, Global Talent Acquisition Manager bei Boehringer Ingelheim
Nur ist es in der Realität so: Wenn die Fachabteilung die Stelle ans Recruiting weitergibt, heißt es häufig: Lass uns das noch schnell vor Weihnachten fertig machen, dann kommen wir nach den Feiertagen wieder und finden genug Bewerbungen vor, um die Stelle zu besetzen. Aber das ist ein Trugschluss, das kenne ich so nicht.
Die Zeit zu nutzen und alles vorzubereiten, eine schöne Stellenanzeige zu gestalten und auch die Interviewplanung im Anschluss zu organisieren – Das alles lohnt sich. Aber online posten, würde ich die Stellenanzeigen wirklich erst im Januar.
Wenn ich eine Stellenanzeige veröffentliche, erscheint sie genau dann ganz oben in den Listen der Jobbörsen. Diesen Effekt würde ich wohl überlegt einsetzen. Je nachdem, wo die Firma sitzt, kann die erste Januarwoche sinnvoll sein, vielleicht auch erst die zweite.
Das Timing ist wichtig, aber vor allen Dingen das interne Timing. Ich muss sicherstellen können, dass der Stellenanzeige genügend Planung vorausgegangen ist und auch, dass im Nachhinein bei allen Ansprechpersonen die Zeit da ist, die Bewerbungen auch zu sichten und zu bewerten und Interviews zu führen.
Damit das interne Timing funktioniert, müssen die Fachabteilungen mitspielen. Wie sorgst du für eine gute Zusammenarbeit?
Ich habe oft erlebt, dass in den Fachabteilungen der Gedanke vorherrscht, wir schicken die Stellenanzeigen noch vor Weihnachten schnell raus, dann ist es erstmal erledigt und nicht mehr unser Problem.
Ich habe dann versucht, unsere Fachabteilungen davon abzuhalten, indem ich Zahlen, Daten und Fakten mitbringe. In unseren Recruiting-Dashboards konnten wir im Dezember ganz deutlich einen Knick sehen und da habe ich dann die Frage gestellt: Warum sollte das bei deiner Stelle anders sein?
Und die noch viel wichtigere Frage: Was machst du, wenn sich an Tag 1 nach der Veröffentlichung der Stellenanzeige der oder die absolute Wunschkandidat:in meldet? Wie stellst du sicher, dass wir die Bewerbung dann prozessieren können?
„Es scheitert nie daran, dass gar keine Bewerbungen kommen. Sondern daran, dass gute Bewerbungen eingehen, aber die Fachabteilung keine Zeit, zeitnah Interviews durchzuführen.”
– Artur Reich, Global Talent Acquisition Manager bei Boehringer Ingelheim
So kann ich die Aufmerksamkeit der Fachpersonen darauf lenken, dass es wichtig ist, den Bewerbungsprozess auch von der Seite der Bewerber:innen zu denken.
Lohnt es sich dann überhaupt, auf saisonale Schwankungen einzugehen, wenn es in erster Linie auf die interne Planung ankommt?
Das kann ich natürlich nicht für alle Berufsgruppen beantworten, es gibt sicherlich auch Branchen, in denen es keinen Unterschied macht, wann eine Stellenausschreibung gepostet wird.
Aber in dem Bereich, den ich bisher betreut habe, kann ich über das Jahr eine Wellenbewegung beobachten.
Der Dezember ist meiner Erfahrung nach immer ein eher ruhiger Monat. Im Januar geht es dann wieder merklich hoch. Diese Hochphase hält sich dann bis Ostern, dann fallen die Bewerbungen wieder ab und dann kommt es zu einem typischen Sommerloch. Im Herbst geht es nochmal wieder hoch, bevor es gegen Ende des Jahres wieder ruhiger wird.
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Das ist so die typische Entwicklung des Bewerbungsverhaltens, doch es gibt auch externe Einflussfaktoren, die hier zu Verschiebungen führen können. In diesem Jahr zum Beispiel haben wir das gesehen: Durch die allgemein unsichere Wirtschaftslage waren die Bewerber:innen zögerlicher. Das gleiche war zu Beginn der Corona-Pandemie zu beobachten.
Es gibt einfach sehr viele Faktoren, die das Bewerbungsverhalten beeinflussen. Der Zeitfaktor ist einer davon, aber eben nicht der einzige.
Gerade im Januar, wenn besonders viele Stellenanzeigen veröffentlicht werden, muss die eigene besonders hervorstechen. Worauf kommt es dabei an?
Ganz besonders wichtig ist es, vorab eine gute Anforderungsanalyse durchzuführen. Was braucht es für die Position eigentlich wirklich und warum? Was ist ein Must-Have und was ist nur nice-to-have?
Wenn ich das vernünftig herausgearbeitet habe, kann ich die Aufgaben und Anforderungen in der Stellenanzeige besser formulieren und letztlich auch bewusste Entscheidungen treffen. So kann ich im Recruiting offener sein für Personen, die vielleicht nicht alle Aspekte des gesuchten Profils mitbringen.
Darüber hinaus ist es wichtig, in der Stellenanzeige auch ein Stück weit das Arbeitsumfeld zu beschreiben.
Ich bin der festen Überzeugung, Menschen wechseln den Job für die Sinnhaftigkeit ihrer Aufgabe, den gebotenen Gestaltungsspielraum und die Verantwortung, die sie wahrnehmen können. Wenn du diese 3 Punkte gut beschreibst, wird die Stellenanzeige aus meiner Sicht interessant. Ich denke, das Ziel sollte sein, die Aufgaben und das Umfeld realistisch und authentisch zu beschreiben.
Man sollte natürlich auch einen Jobtitel wählen, der für die jeweilige Berufsgruppe relevant ist. „Talent Hunter” klingt als Bezeichnung zwar spannender als „Recruiter”, aber wer sucht tatsächlich nach diesem Jobtitel? Hier musst du schon die Begriffe verwenden, die die Zielgruppe auch eingibt. Keywords sollten immer mitgedacht werden.
Wie sieht deine Prognose für den Arbeitsmarkt und das Bewerbungsverhalten für 2023 aus?
Das kann sich natürlich jederzeit ändern. Aber wenn sich die weltwirtschaftliche Lage oder Weltlage nicht dramatisch verschlechtern, rechne ich damit, dass weiterhin eine nicht zu verachtende Anzahl an Stellen ausgeschrieben wird. Einfach aus dem Grund, dass die Leute schrittweise in Rente gehen und sich auch die Auftragslage wieder bessern wird.
„Firmen sollten vorausschauend handeln und jetzt weiter einstellen, auch wenn aktuell vielleicht weniger los ist.”
– Artur Reich, Global Talent Acquisition Manager bei Boehringer Ingelheim
Für mich wird das kommende Jahr auch ein Jahr, in dem Personalentwicklung immer wichtiger wird. Die Personalverantwortlichen müssen realisieren, dass der Arbeitsmarkt immer weniger erfahrene Bewerber:innen hergibt. Ich kann nicht immer Positionen für Fachpersonen mit 5 bis 10 Jahren Berufserfahrung ausschreiben.
Was hält das neue Jahr für Recruiter:innen bereit? Erfahre jetzt mehr über die Recruiting-Trends 2023.
Wir müssen uns darüber Gedanken machen, wie wir mit denen arbeiten können, die auf dem Markt vorhanden sind. Und das sind zum einen Berufseinsteiger, die frisch aus der Ausbildung oder der Akademie kommen, und zum anderen Quereinsteiger. Die Frage ist: Wie kann ich sie weiterentwickeln, sodass sie die jeweilige Rolle füllen können?
Wenn ich hier eine gute Antwort finde, habe ich in 5 bis 10 Jahren genau die Personen, die alle suchen, nämlich Mitarbeiter:innen mit Erfahrung. Dafür muss ein Umdenken in den Unternehmen stattfinden und mehr Arbeit in Personalentwicklungsmaßnahmen gesteckt werden.
Vielen Dank für das Gespräch!
<div class="blog_primary-box"><h2>Artur im Gespräch mit Workwise-Gründer Martin</h2><p>In unserem <strong>Podcast Recruiting Talk</strong> spricht Host und Workwise-Gründer Martin Trenkle mit echten Recruiter:innen über alltäglichen Herausforderungen.</p><p><strong>Das größte Problem: Zu wenige Bewerbungen.</strong></p><p>Aber Podcast-Gast Artur Reich ist davon überzeugt: Es liegt — zumindest nicht allein — am Fachkräftemangel. Oft steckt nämlich ein <strong>Mangel an Ressourcen und an Commitment</strong> der Geschäftsführung und der <a href="https://hire.workwise.io/hr-praxis/personalauswahl/hiring-manager" target="_blank">Hiring Manager:innen</a> hinter unbesetzten Stellen.</p><p>Im Gespräch mit Martin erzählt er, wie er bei dem Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim für eine reibungslose Zusammenarbeit sorgt und wie du deine Stellen besser besetzen kannst.</p><p><strong>Jetzt reinhören!</strong></p>
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